Rezension | Hirngespenster | Ivonne Keller

Wie weit ist ein jeder von uns bereit, für die Liebe zu gehen? Wieviel Stress können wir wirklich verkraften?

Inhalt:
Silvia, Anna und Sabina - drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die doch eines gemeinsam haben: Hirngespenster!

Silvia und Anna sind Geschwister, doch sie haben einfach keinen richtigen Draht zueinander. Seit Anna in ihrer Kindheit schwer an Leukämie erkrankte, ist nichts mehr zwischen den beiden, wie es mal war. Und so geht jede ihren eigenen Weg. Silvie, erfolgreich in ihrem Job bei der Zeitung, möchte unabhängig sein, ihr Leben unbeschwert genießen und denkt nicht an Familiengründung und Ehe. Anna hingegen lebt sehr bodenständig, spart so sie kann und möchte gerne ein eigenes Haus und Familie. Sie beitratet den erfolgreichen Immoblilienmarkler Matthias, zieht mit ihm in eine wunderschöne Doppelhaushälfte und bekommt schnell hintereinander drei Kinder.

Währenddessen genießt Silvia das Leben zusammen mit ihrem Freund Johannes in vollen Zügen. Johannes, der immer ihr guter Freund war, der lange seiner Jugendliebe Sabina hinterher trauerte. Den sie immer tröstete. Plötzlich waren sie ein Paar und sie genossen dies in vollen Zügen. Auch Silvia wird schwanger und die beiden heiraten.Die Schwestern scheinen beide ein glückliches Los im Leben gezogen zu haben, doch der Schein trügt. Nach außen hin erscheinen die Familien glücklich doch hinter geschlossenen Türen sieht die Welt ganz anders aus. Anna scheint Tablettensüchtig und Silvia hat sich neu verliebt. Entscheidungen sollten getroffen werden und Lasten schwer. Doch das Schicksal kommt zuvor und reißt Silvia aus dem Leben. Als sie wieder zu sich kam, ist ihr Leben plötzlich eng mit Sabina verstrickt, Johannes Jugendliebe. Was ist nur passiert??? Und wo ist ihre Schwester Anna?

"Vor ein paar Monaten, als ich zu mir kam, fand ich mich in einem gesicherten Bett wieder und begriff nicht, was mit mir passiert war. Ich war eine vollkommen andere." Seite 7

Handlung & Charaktere:
Ivonne Keller hat mit "Hirngespenster" ein Romandebüt vorgelegt, wie man es besser nicht machen könnte. Schon von den ersten Seiten ist man gefesselt von dieser unglaublich tiefgängigen, emotionalen und auch sehr spannenden Geschichte um diese drei Frauen Silvia, Anna und Sabina.

Wer glaubt, hinter dieser Geschichte verbirgt sich ein leichter Frauenroman, der irrt. Hier wird der Leser gefordert und mitgerissen mit den Geschehnissen. Die Erlebnisse der Frauen erscheinen so authentisch, direkt aus dem Leben gegriffen und überhaupt nicht überzogen. Diese Erlebnisse, die diese Frauen durchleben, könnte gerade der besten Freundin, der Nachbarin - oder auch einem selbst so passieren. Dies regt natürlich ungemein zum Nachdenken an.
Yvonne Keller hat es verstanden, ordentlich Spannung aufzubauen und diese teils sehr dramatischen Geschehnisse dem Leser auf ergreifende und mitreißende Weise zu vermitteln. Mehrere Handlungsstränge werden hier geschickt miteinander verwoben. Jeder Handlungsstrang erzählt vom Leben und vom Schicksal der jeweiligen Frau. Als besonderes Merkmal sei hier genannt, dass die Autorin ständig zwischen diesen drei Freuen hin und her springt. Diese Darstellung ist wunderbar gelungen und baut unglaublich Lesespannung auf. Zudem wird dadurch aufgezeigt, wie nah ihr Leben doch miteinander verbunden, verknüpft war und auch immer noch ist. Das Schicksal scheint die Frauen wir Marionetten zu benutzen. Man muss jedoch keine Bedenken haben, dadurch womöglich nicht in die Geschichte zu finden. Jedes Kapitel ist immer mit dem Namen der jeweiligen Frau überschrieben, um die es gerade geht. Doch die Charaktere sind so unglaublich gelungen dargestellt, dass dies kaum noch nötig ist, um die Frauen zu unterscheiden. Die unterschiedlichen Persönlichkeiten wurden sehr anschaulich und tiefgängig beschrieben, die Frauen haben so ein ganz individuelles, facettenreiches Gesicht erhalten. Jede Frau hat ihre ganz persönlichen Eigenheiten, die ihren Charakter und auch ihr Verhalten prägen.

"Anna strich mit beiden Händen ihr dunkles Haar hinter die Ohren - eins -, straffte die Schultern - zwei -, betrat mit einem Schritt den Supermarkt - drei - und zählte weiter jeden ihrer Schritte.Seite 11

Unglaublich ergreifend sich auch die in kursiver Schrift gehaltenen Passagen, die sich durch die ganze Geschichte ziehen. Die Gedanken der vollkommen anderen Silvia...
Traurig, erschütternd und doch muss man hier auch immer wieder über den leicht ironischen Tonfall schmunzeln. Ein echtes Leseerlebnis. Hier möchte ich nicht zu viel verraten, aber spätestens bei der Szene mit den Nussecken kann bestimmt keiner mehr das Schmunzeln verkneifen :)

Mein persönliches Fazit 

Schon als ich den Einleitungstext zu diesem Roman gelesen hatte, war mir klar: "Dieses Buch muss ich lesen!" Gesagt - getan, und ich habe dieses Buch geradezu verschlungen. Ich konnte es einfach nicht aus der Hand legen, zu sehr war ich von den Geschehnissen und dem wirklich äußerst gelungenen Schreibstil gefesselt. Innerhalb eines Tages habe ich das Bauch beendet und in dieser seit eine emotionale Achterbahn der Gefühle durchlebt. Mitgerissen hat mich diese Geschichte. Ich war erschüttert, geschockt, ergriffen und zugleich auch fasziniert und begeistert. Ich musste mit den Frauen lachen und weinen. es ist faszinierend und zugleich erschreckend, auf welche Weisen wir versuchen, unseren Stress - ob psychisch oder physisch - zu verarbeiten. Und wie oft wir ihn einfach ignorieren ... egal mit welchen Konsequenzen. Ein unglaublich gelungenes Debüt, dass mich total in Atem hielt und rundum begeisterte.

© Rezension: Alexandra Zylenas

[alexandra]

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