Rezension: Die Verratenen von Ursula Poznanski


"Mein Name ist Eleria. ich bin achtzehn Jahre alt, Vitro Klasse 1, gereiht auf die Nummer 7. Mein Schwerpunkt liegt auf Kommunikation und Rhetorik. Ich bin Opfer einer Intrige" Seite 165

Inhalt:
Seit der der langen Nacht liegt die Welt unter Eis und macht ein Leben fast unerträglich. Nichts kann gepflanzt werden und Lebensmittel sind daher knapp. Ria gehört zu den Glücklichen, die in einer der vielen Sphären lebt. Städte, die mit einer Kuppel überdeckt sind und die Einwohner so vor Kälte und Schnee schützen. Das Leben in den Sphären ist geordnet und Leistung wird goss geschrieben. Wer auf der Akademie weit vorne in der Reihung steht, der wird es zu einer ehrenhaften Stellung bringen. Ria ist mit ihrem Leben zufrieden - ihre Leistungen sind hervorragend und sie ist auf Platz sieben gereiht. Das Ende ihrer Ausbildung naht und sie freut sich auf die wichtige Aufgabe, die ihr dann zugeschrieben wird. Sie soll zukünftig zwischen dem Sphärenbund und den Prims vermitteln.

Die Prims leben außerhalb der Kuppel und kämpfen täglich aufs Neue ums Überleben. Ständige Kämpfe und Überfälle zwischen den Sphärenbewohnern und den Prims sollen mit Ihrer Hilfe und Vermittlung eingedämmt werden.
Alles läuft geregelt und ordentlich - bis sie eines Tages ungewollt Zeuge eines Gespräches wird. Ein Gespräch, dass ihr beinahe die Luft zum Atmen raubt. Eine Verschwörung soll im Gange sein, heißt es. Die Verräter seien in den eigenen Reihen zu finden und sie, Ria, soll eine davon sein! Für sie gibt es nur eine Lösung - Die Flucht nach vorn. Aber wann wird dazu die beste Gelegenheit sein? Und was soll aus ihnen werden, außerhalb der Sphäre? Werden sie überhaupt überleben können?

"Die Betreffenden müssen getötet werden. Schnell und ohne Aufheben darum zu machen. Alles andere wäre zu riskant [...]" Seite 253

Handlung & Charaktere:

"Die Verratenen" ist der erste Teil einer dystopischen Trilogie - und da kann ich nur sagen: "Was ein Glück!" Und das aus meinem Munde, wo ich doch sonst kein großer Freund der Reihen und Fortsetzungsbände bin. Aber bei diesem Buch freue ich mich regelrecht, dass ich noch zwei weitere Bände lesen darf, denn mich hat diese Dystopie total gepackt und begeistert.
Ich habe vorher keine Leseprobe und keinen Klappentext gelesen - ich wollte mich einfach überraschen lassen. Und dies ist Ursula Poznanski vollkommen geglückt.

Die Idee hinter der Geschichte ist einfach sehr ansprechend und die Umsetzung meines Erachtens bestens gelungen. Viele sagen: "schon wieder eine Dystopie" - und prompt gehen die Vergleiche zu schon vorhandenen Dystopien los, und es wird überlegt, welcher denn dieses Buch nun ähnelt. Aber warum sollte ich das tun? Das Rad kann nicht komplett neu erfunden werden. Die typischen Merkmale einer Dystopie müssen einfach auch hier vorkommen. Ich ziehe keinen Vergleich mit anderen Büchern, sondern achte ausschließlich auf das, was vor mir liegt .

Mich diese Story einfach vollkommen in seinen Bann gezogen. Ich fühlte mich umgehend ins Geschehen hineinversetzt. Ich versuchte, mir vorstellen, wie es wohl ist, unter einer Kuppel zu leben, die Sonne kaum sehen zu können, keine wechselnden Jahreszeiten auf meiner Haut spüren zu können. Mich hat das total beschäftigt und ich war begierig darauf, herauszufinden, was außerhalb dieser Kuppeln passiert. Was sind die Prims für Menschen? Warum sind sie überhaupt außerhalb der Kuppeln? Wie können sie überleben? Fragen über Fragen, die mir während des Lesens durch den Kopf geschossen sind und dafür sorgten, dass ich das Buch nur schwerlich beiseite legen konnte. Das Buch lockt und verführt zum Mitdenken und Mutgrübeln.

Der Schreibstil tut selbstverständlich sein Übriges dazu. Locker, nicht zu überladen und ohne verwirrende Zeitsprünge, ein leichter Satzbau ohne große Verschachtelungen und ein jugendlicher Tonfall sorgen für schnellen Lesefluss. Es wird nicht zu viel verraten, aber trotzdem kann man sich ein Bild vom Ganzen machen. Hintergrundinformationen fließen immer wieder ein, fast wie nebensächlich, und vervollständigen das Bild der dystopischen Welt im Kopf des Lesers.

Da die Geschichte aus Sicht der Protagonistin Ria in der "ich"-Form erzählt wird, bekommt man zudem große Einblicke in ihre Gefühlswelt und ihre Gedanken. Eigentlich habe ich es gerade aus diesem Grund ganz gerne, wenn auch andere Protagonisten zusätzlich in der ich-Form dargestellt werden, da man so verschiedene Sichtweisen auf die Geschehnisse erhält. Aber da hier einfach zu viele Charaktere zusammentreffen, ist es so ganz gut und ansprechend gelöst. Rias Charakter ist sehr schön dargestellt, in sie konnte ich mich als Leser sofort hineinversetzen. Sie ist klug und intelligent, lässt sich nicht beirren und weiß sich sehr gut zu helfen. Sie behält den Überblick - und doch hat sie auch schwache Momente. Sie zweifelt und zögert, weiß nicht, wem sie trauen kann und darf. Aber sie weiß, dass sie dieses Zögern niemandem zeigen darf. Nicht mal ihrem Freund Aureljo...

Die einzelnen Protagonisten sind facettenreich dargestellt, alle haben ihre ganz eigene Persönlichkeit, ihre ganz eigenen Charakterzüge. Sie erscheinen authentisch und keinesfalls überzogen. Wir erleben hier sechs Protagonisten, die unterschiedlicher nicht sein könnten - aber sie spiegeln das Sphärendenken voll und ganz wider. Jeder wird hauptsächlich in dem ausgebildet, was er / sie am besten beherrscht. Die Stärke des Einzelnen wird hervorgehoben, alles andere eher vernachlässigt.

Ursula Poznanski hat sich zudem die Zeit genommen, auch dem nebensächlichsten Charakter der Geschichte eine Individualität einzuhauchen, die das Buch so schön abwechslungsreich macht. Das Zusammentreffen der flüchtigen Sphärenbewohner und der Prims ist sehr gelungen dargestellt. Angst, Hass, Neid und tiefe Traurigkeit dominieren hier - aber auch die gewisse Neugierde. Und trotz allem auch anz viel Menschlichkeit ....

Mein persönliches Fazit :

Ursula Poznanski hat mich mit diesem gelungenen Auftakt der Trilogie vollkommen überzeugt. Ich bin schlichtweg begeistert, habe das Buch regelrecht verschlungen und war zuletzt unglaublich enttäuscht, als ich die letzte Seite umblätterte und das Buch geschlossen hatte - enttäuscht darüber, dass dieses fesselnde Buch nun tatsächlich zu Ende sein soll. Ich wollte umgehend wissen, wie es weitergeht.
Das Buch hat einen gelungenen Abschluss, der ohne einen allzu überzogenen Chliffhanger auskommt, von welchen ich mich oft im wahrsten Sinne des Wortes "hängen" gelassen fühle und die bei mir persönlich gerne mal einen bitteren Beigeschmack hinterlassen. Nicht so in diesem Buch und das gefällt mir sehr gut. Diese Geschichte hat mich mit auf eine faszinierende Reise in eine dystopische Welt genommen, die mich interessiert hat, gefesselt hat und die mich zum mit- und nachdenken anregte. Ich bin begeistert und kann dieses Buch an Freunde der dystopischen Jugendbuch-Literatur voll und ganz weiter empfehlen.

© Rezension: Alexandra Zylenas

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