Rezension: Der Junge, der Träume schenkte | Luca Di Fulvio



Es handelt sich um ein junges Mädchen namens Cetta, die nach einem tragischen Ereignis in Ihrem Leben, Ihre süditalienische Heimat verlässt und nach Amerika auswandert. Sie ist bereits Mutter eines Sohnes, der den Namen Natale trägt. Als Sie im Alter von 15 Jahren, 1909 in New York vom Frachter steigt hat Sie Hoffnung auf ein besseres Leben mit Ihrem Sohn. Jedoch lernt sie sehr schnell das wirklich harte Leben kennen und sieht , dass in dieser großes Stadt, in diesem fremden Land, weit weg von Ihrer Heimat Armut, Elend und Kriminalität herrschen.

Gleich zu Anfang des Buches bekommt man einen ziemlich schockierenden Eindruck über die Lebensverhältnisse von Cetta. Cetta ist gerade 12 Jahre alt, als Ihre Mutter sie absichtlich verletzt und ihr dann ein Seil so um die Schultern legt, das Cetta eine verkümmerte Haltung annehmen muss. Sie möchte sie so vor Männern schützen, die bereits ein Auge auf das junge, hübsche Mädchen geworfen haben. Durch diese gebückte Haltung verkrüppelt Cetta. Ihre Mutter verheimlicht der Familie diese Handlung und die Verletzungen, die Sie ihrer eigenen Tochter zugefügt hat um sie vor dem Schicksal, ein uneheliches Kind auf die Welt zu bringen, zu schützen und ihr ihre Kindheit zu bewahren. Obwohl Cetta durch ihre Behinderung nicht mehr anziehend auf viele Männer wirkt, schützt sie das nicht vor einem schweren Schicksal. Sie wird von einem Mann auf ziemlich schockierende und brutale Weise vergewaltigt und gebärt mit 14 Jahren Ihren Sohn Natale. Ein Jahr später besteigt Cetta mit Ihrem Sohn, im Hafen von Neapel, ein Schiff nach Amerika. Weil sie nicht genug Geld hat, gibt sie sich dem Kapitän auf der langen Fahrt immer wieder hin. Cetta wirkt einerseits als hätte Sie durch die Vergewaltigung an Selbstachtung verloren und andererseits so verletzlich und hilflos, dass man anfänglich nicht weiß, was man über sie denken soll. 

Bei der Ankunft in Amerika wird Natale kurzerhand von den Zollbeamten Christmas getauft, da dieser Name leichter auszusprechen ist. Glücklicherweise wird Cetta Vorort bei der Ankunft nicht allein gelassen, sondern erhält durch einen unbekannten Mann namens Sal Hilfe. Er bringt sie bei einem Ehepaar unter und teilt ihr eine Arbeit zu. Jedoch lernt Cetta ziemlich schnell dass es sich dabei um Prostitution handelt, nimmt es aber problemlos, um ihrem Sohn irgendwann ein besseres Leben bieten zu können, hin. Das Buch ist so aufgebaut, dass man immer wieder in die Geschehnisse der Vergangenheit eingeführt wird und somit auch die Handlungen und Entwicklungen der Gegenwart besser nachvollziehen kann. Während man in der Geschichte an Christmas´s aufregendem Leben teilnimmt, wird man durch weitere kleine Geschichten und Ereignisse aus Cettas Vergangenheit, gefesselt und verliert trotz dieser Zeitsprünge nicht den Überblick. Ganz im Gegenteil, es hilft einem sogar die Handlungsweisen von Cetta zu verstehen. Zudem beobachten wir auf eine komische, nicht gerade romantische Art und Weise, die Entstehung einer Beziehung zwischen Sal, dem murrenden Aufpasser, und Jetta. 

Christmas, Cettas Sohn übernimmt mit der Zeit die Protagonistenrolle in diesem Buch. Er wächst in der Lower East Side auf und lernt ziemlich schnell, andere von sich zu überzeugen. Er hat eine Gabe Geschichten zu erzählen, die anderen Mut machen und sie fesseln. Zudem ist er ziemlich raffiniert und aufgeweckt und das ermöglicht ihm, immer wieder neue Freundschaften und Bekanntschaften zu schließen. Christmas wirkt trotz kindlicher Dummheiten doch sehr oft ziemlich Reif für sein Alter. Er hat eine schnelle Auffassungsgabe, die es ihm ermöglicht sich Ruth und Ihrer Familie auf eine gewisse Weise anzupassen. Hier wird auf teilweise lustige aber auch traurige Art einem bewusst, aus welchen unterschiedlichen Schichten die Zwei stammen. 

Ruth Isaacson, das Mädchen, das Christmas rettet, ist ein besonders feinfühliges Mädchen aus gutem Hause und genießt, die unbegrenzte Liebe Ihres Großvaters Saul Isaacson, der nach dem Übergriff auf seine Enkelin, durch einen angestellten Gärtner, zu Christmas immer mehr an vertrauen gewinnt und ihm sogar, gewisse Vorzüge eines wohlhabenden Lebens, zuteilwerden lässt. 

Obwohl zum Ende hin das Leben von Ruth und Christmas auf so unterschiedliche und unvorhersehbare Weise, so weit voneinander entfernt, verläuft, führt es sie nach Jahren wieder zusammen. Luca Di Fulvio erzählt auf eine dramatische Weise den weiteren Lebensverlauf der Beiden und beschönigt auch nicht die brutalen und schockierenden Ereignisse. Durch seine einfache Schreibweise ermöglicht der Schriftsteller es einem, in das alte New York der 20. Jahre einzutauchen.

Mein persönliches Fazit: 

Anfänglich habe ich aufgrund des Covers und Titels eine doch ganz andere Geschichte erwartet. Der Klappentext jedoch lässt schon vermuten, dass das unschuldige Jungengesicht, dass spitzbübig um die Ecke schaut nicht dem erwarteten Inhalt entspricht. Das allerdings tut diesem Buch nichts ab. Der Schriftsteller vermittelt durch seine sowohl charmante und liebenswürdige Darstellung von Christmas und der brutalen Gewalt auf den New Yorker Straßen, das richtige Gleichgewicht, um die Geschichte Interessant und fesselnd bis zum Schluss zu halten. Auch die teilweise harte und vulgäre Ausdrucksweise wirkt in der gesamten Geschichte nicht vordergründig oder abschreckend. Der Schreibstil bzw. der Aufbau mit den Zeitsprüngen hat mir persönlich sehr gut gefallen, da man so, ohne Unterbrechung oder langatmige Textpassagen, die Vorgeschichte erfährt, während man bereits in der Gegenwart liest. Ein sehr empfehlenswerter Roman über das alte Amerika und das schwere Leben der Immigranten zu dieser Zeit. Es stärkt einen im Glauben an die Freundschaft, die Familie und die Loyalität. 

2012, Rezensiert von Aygen


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